Orestes slaying Aegisthus and Clytemnestra
Frontal relief of a sarcophagus.
Rome. Marble. Ca. 150 CE.
56 × 233 cm.
Inv. No. A 461.Saint Petersburg, State Hermitage MuseumPhoto by Ilya Shurygin

Orestes slaying Aegisthus and Clytemnestra.

Frontal relief of a sarcophagus.
Rome. Marble. Ca. 150 CE.
56 × 233 cm.
Inv. No. A 461.

Saint Petersburg, State Hermitage Museum
(Санкт-Петербург, Государственный Эрмитаж).

Origin:
Rome, Palazzo Circi, later Palazzo Lezzani (till 1869).
Acquired in 1869.
Description:
Dating:
by Bielfeldt: 170s C.E.;
by Saverkina: (160-180 C.E.);
by Koch-Sichtermann: (after 150 C.E.).

Deutsch I. Tödtung der Clytaemestra und des Aegisthus.

Tafel LIV.

154) P. St. Petersburg, Kaiserliche Ermitage (336). Fig. 154. Unbedeutend restaurirt. L. 2,28. H. 0,55. Relieferhebung 0,05. Zeichnung von C. L. Becker nach einer im Jahre 1884 mit freundlicher Unterstützung von G. Kieseritzky aufgenommenen Photographie.

Früher in Rom, in Palazzo Circi (später Lezzani) an der Pedacchia, wo es zu Visconti’s und Zoega’s Zeit im ersten Stock “capo le scale ...... nel vestibolo del primo appartamento” (Visconti), später im Hof eingemauert war. Die abgebrochenen Arme waren schon damals ergänzt. Nach St. Petersburg kam es im Jahre 1870, nachdem es vorher durch den Bildhauer F. Schulz nochmals restaurirt worden war.

Abbildungen: E. Q. Visconti Il Museo Pio-Clementino V 1796 tav. d’agg. A nr. 5 (ohne die Eckfiguren). Danach Millin Galerie mythologique 1811 pl. 165 nr. 618; Guigniaut Les religions de t antiquité 1825 pl. 235 nr. 831; Overbeck Bildwerke zum thebischen und troischen Heldenkreis 1857 Taf. 28 Nr. 9. — Monumenti dell’ Instituto VIII tav. 15 nr. 2.

Litteratur: E. Q. Visconti a. a. O. p. 43 n. f. p. 83; Zoega, App. Fol. 593 zwischen 1799 und 1806 (= Welcker’s Zeitschrift für Geschichte und Auslegung der alten Kunst 1818 S. 444); Böttiger, Die Furienmaske 1801 S. 76 A.* (= Kleine Schriften I 1837 S. 236 A.**); Millin a. a. O.; Welcker a. a. O. S. 435 A.; Guigniaut a. a. O.; Raoul Rochette Monumens inédits 1827—1833 p. 146; K. O. Müller, Handbuch der Archäologie der Kunst 1830 S. 577 (3. Aufl. von Welcker 1848 S. 718) § 416, 2; Feuerbach Der Vatikanische Apollo 1833 S. 362; Rathgeber, Orestes (in der Hallischen Allgemeinen S.167 Encyklopädie der Wissenschaften und Künste von Ersch und Gruber III. Sect. 5. Theil 1834) S. 114; Clarac Musée de sculpture II 1841 p. 681 n. ; Grifi Atti della Pontificia Accademia Romana di archeologia X 1842 p. 309 n. 1; Gerhard, Etruskische und Kampanische Vasenbilder 1843 S. 35 A. 7. A. 10. S. 36 A. 12. A. 16 ; Overbeck a. a. O. S. 698 Nr. 26; Stephani Compte-rendu de la Commission Impériale archéologique 1863 S. 181 Nr. 36. S. 256; Benndorf Annali dell’ Instituto XXXVII 1865 p. 224; Rosenberg, Die Erinyen 1874 S. 48 Nr. 2; Bursian, Litterarisches Centralblatt 1874 Nr. 47 S. 1558; Michaelis, Archäologische Zeitung XXXIII 1875 S. 108; Robert, Bild und Lied S. 185 A. 34.

Die Darstellung zerfällt in zwei zeitlich auf einander-folgende Scenen, von denen die erste links die Tödtung des Aegisthus, die zweite rechts die der Clytaemestra darstellt.

Aegisthus mit langem wallendem Haupt- und Barthaar, die gedrehte Königsbinde um den Kopf, um die Beine einen langen Mantel, dessen einer Zipfel mit zurückgeschobener Spange auf seiner linken Schulter aufliegt, sitzt auf dem Thronsessel des Agamemnon. Die Füsse auf einen Schemel mit Löwenfüssen aufstützend, mit der linken Hand krampfhaft das obere Ende des Thronfusses umfassend, sucht er mit vorgestreckter Rechten den Orestes zurückzustossen, der mit gezücktem Schwert in der Rechten von links auf ihn eindringt, den linken Fuss gegen sein linkes Knie stemmt und ihn mit der linken Hand beim Haar packt, um ihn von seinem angemassten Sitz herabzureissen und zu tödten. Orestes trägt Wehrgehäng und Chlamys, deren einer Zipfel mit zurückgeschobener Spange auf seiner linken Schulter auf liegt; hinter ihm steht am Boden sein Schild. Eine Furie in langem hochgegürtetem Aermelchiton und bogenförmig flatternder Chlamys eilt hinter Orestes herbei, in der erhobenen Rechten eine kurze Peitsche haltend, die Linke befehlend ausgestreckt, wie um ihn zur Rachethat anzutreiben. Von rechts eilt dem bedrohten Aegisthus ein Mädchen zu Hilfe, wahrscheinlich Trigone, seine mit Clytaemestra erzeugte Tochter; bekleidet ist sie mit dorischem Chiton, aus dessen Falten das rechte Bein nackt hervortritt, und mit Sandalen; das Haar ist mit einer Sphendone verhüllt. Als Waffe schwingt sie in den erhobenen Händen ein kleines Kästchen mit Löwenfüssen. Links Pylades und Electra, beide erschreckt zurückfahrend. Pylades trägt, wie Orestes, die Chlamys mit zurückgeschobener Spange und über der Brust das Wehrgehäng; die gesenkte Linke umfasst den Griff des in der Scheide steckenden Schwertes, die Rechte ist vor die Brust erhoben. Electra, die entsetzt beide Hände emporhebt, trägt einen mit gegürtetem Ueberschlag versehenen dorischen Chiton, aus dem das rechte Bein nackt hervortritt, eine bogenförmig flatternde Chlamys, die sie mit der rechten Hand leicht anfasst, und Sandalen. Das mit einem Band durchzogene Haar ist über der Stirn in eine Schleife zusammengefasst und am Hinterkopf in einen Knoten gebunden. Links steht am Boden ihr Wollkorb.

Die Hauptgruppe stellt sich als eine durch viele Zwischenglieder vermittelte Umbildung des Typus der strengen rothfigurigen Vasen dar, die sich in der Schilderung des Vorgangs an die Oresteia des Stesichoros anschliessen (Gerhard, Etruskische und Kampanische Vasenbilder Taf. 24; Monumenti dell’ Instituto VIII tav. 15 nr. 1; Zannoni Scavi della Certosa di Bologna tav. 79 nr. 1). Nur ist an die Stelle der das Beil gegen ihren Sohn erhebenden Clytaemestra die das Schmuckkästchen schwingende Erigone getreten, und somit auch die zu Grunde liegende Sagenversion eine andere. Als literarische Quelle für diese Neuerung darf man wahrscheinlich dieselbe griechische Tragödie in Anspruch nehmen, die Pacuvius in seinem Dulorestes benutzt hat, s. O. Jahn Hermes II S. 229; Robert Bild und Lied S. 185 A. 33. A. 34. Derselbe alte bildliche Typus findet sich auf etruskischen Urnen für die Ermordung des Agamemnon verwandt, wo Clytaemestra statt des Beils eine Fussbank schwingt, s. Brunn I Rilievi delle Urne etrusche tav. 74.

In der rechts anschliessenden Scene bildet den Mittelpunkt die aufs rechte Knie hingesunkene Clytaemestra. Den feinen Chiton hat sie sich von der rechten Schulter herabgerissen, um dem Orestes die Brust zu zeigen, die ihn genährt hat. Aischylos Choephor. V. 896—898

ἐπίσχες, ὦ παῖ, τόνδε δ’ αἴδεσαι, τέκνον,
μαστὸν, πρὸς ᾧ οὺ πολλὰ δὴ βρὶζων ἅμα
οὔλοισιν ἐξήμελξας εὐτραφὲς γάλα.

Vgl. das pompeianische Gemälde aus Casa di Sirico abgeb. Archäologische Zeitung XLI 1883 Taf. 9 Nr. 1, s. ebenda S.259. Ein Mantel ist um ihren Unterkörper geschlungen und mit einem Zipfel über ihre linke Schulter geworfen. Das Antlitz wendet sie mit verzweiflungsvollem Ausdruck dem Orestes zu, den sie mit der Rechten zurückzustossen sucht, während sie mit erhobener Linken seine Hand aus ihrem Haar zu lösen bemüht ist. Der mit gezücktem Schwert von links auf sie eindringende Orestes setzt das linke Knie auf ihren rechten Oberschenkel und packt sie mit der Linken beim Haar. Um den Kopf trägt er eine Binde und um beide Schultern die Chlamys. Hinter ihm her eilt seine alte Amme. Mit der Linken seinen Kopf, mit der Rechten seine Schulter berührend, das Gesicht entsetzt abwendend scheint sie ihn von der schrecklichen That zurückhalten zu wollen. Bekleidet ist sie mit der gewöhnlichen Ammentracht, einem dicken Kopftuch, einem von der rechten Schulter abgleitenden Chiton und einem derben, über die linke Schulter geworfenen Mantel. Vor Orestes her eilt eine Furie mit kleinen Flügeln über der Stirn, bekleidet mit Aermelchiton und bogenförmig flatterndem Mantel. Beide Arme, von denen der rechte die Peitsche schwingt, erhebend, das Gesicht dem Orestes zukehrend, S.168 treibt sie ihn zum Muttermord an. Der gesunkenen Clytaemestra eilt von rechts ein nackter Jüngling zu Hilfe, in beiden Händen ein schweres Gefäss schwingend, um es auf Orestes zu schleudern; im Haar trägt er eine Binde. Vielleicht darf man in ihm den Sohn des Nauplius, Oeax, den Verlobten der Erigone erkennen1.

Als decorative Eckfiguren sind zwei Furien verwandt; beide wenden den Kopf der Mitte zu, tragen Stirnflügel und sind mit dem hochgegürteten Bühnenchiton und Kothurnen bekleidet. Das nach innen gekehrte Bein ist Spielbein. Die eine links trägt in der Linken eine brennende Fackel, die andere rechts in der Rechten eine Geissel.

1Oeax und Erigone sind vielleicht auch auf der späten apulischen Vase in Bari zu erkennen, die Furtwängler Berliner Philologische Wochenschrift 1888 S. 1451 beschreibt. Die Darstellung, die im Uebrigen den alten attischen Typus beibehält, zeigt rechts von Aegisth noch einen mit gezogenem Schwert sich entfernenden Jüngling und eine mit geschwungenem Schemel herbeieilende Frau, die Furtwängler Pylades und Elektra nennt. Ich möchte die Deutung auf Oeax und Erigone vorziehen.

Robert C., Die antiken Sarkophag-Reliefs. Mythologische Cyklen, Bd. II (Berlin 1890), S. 166-168 Cat. no. 154 Pl. 54.
Literature:
R. Bielfeldt, Orestes auf römischen Sarkophagen (2005) 333 Ill. 33-35 Cat. no. I. 1 Pl. 1;
G. Koch — H. Sichtermann, Römische Sarkophage, HdArch (1982) 171. 263 Cat. no. 193;
C. Robert, Die antiken Sarkophag-Reliefs. Mythologische Cyklen, ASR 2 (Berlin 1890) Cat. no. 154 Pl. 54;
I. I. Saverkina, Römische Sarkophage in der Ermitage (1979) 35 ff. Cat. no. 13;
FA photo reprints: Inst. Neg. Rom 70.3851.
Credits:
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