Portrait of Augustus.
Naples, National Archaeological Museum
(Napoli, Museo archeologico nazionale).
16. Überlebensgroße Büste
Erhaltungszustand: Es fehlen Nasenrücken, Teile der Ohrränder. Einige Locken über der Stirn beschädigt, sonst nur geringe Verletzungen.
Beschreibung: Wegen des gleichmäßig gerundeten unteren Randes handelt es sich um eine Büste und nicht etwa um einen Einbsatzkopf für eine Gewandstatue, was wegen des deutlich überlebensgroßen Formates bemerkenswert ist.
Die Büste aus Fondi kann nur noch im weitesten Sinne als Replik des Alcudia-Typus gelten, stellt sie doch eine weitgehende Neu-Interpretation dieser Bildnisfassung dar. Der Bildhauer hat sich nur ungefähr an den Zügen des Entwurfs orientiert. Einzelne Elemente der Vorlage lassen sich zwar noch erkennen, doch sind die Gesamtwirkung wie auch viele Einzelzüge vollständig verändert. Die Stirnlocken wurden durch Verschmelzung und durch gleichmäßige Reihung zusammengefaßt, so daß die große Hauptzange verdeutlicht worden ist und damit die Frisur dominiert (vgl. Beil. 2 Skizze 24). Die kurzen Löckchen vor den Ohren weichen vom Alcudia-Typus deutlich ab und entsprechen am ehesten dem Haupttypus des Caligulaporträts (Boschung, Caligula 32ff.). Das Gesicht hat einige Züge des Entwurfs bewahrt, so die verhältnismäßig kleinen und schmalen Augen sowie das breite, kräftige Untergesicht; es wirkt insgesamt aber gestrafft und beruhigt. Die klar und gleichmäßig abgegrenzten Lider, der volle Mund und die glatten Wangen sind gegenüber der Vorlage klassizistisch geschönt; die heftige, pathetisch anmutende Kopfwendung des Typus ist auf eine gelassene, ruhige Drehung nach rechts reduziert.
Beurteilung: Es kam dem Bildhauer in diesem Falle nicht darauf an, einen vorgegebenen Entwurf möglichst genau zu kopieren. Vielmehr hat er davon nur einige Züge übernommen, um das Bildnis überhaupt erkennbar zu machen. Davon ausgehend schuf er selbständig ein neu konzipiertes Bildnis, das den gewandelten Vorstellungen vom ersten Kaiser eher entsprach: der Divus wird in idealer Schönheit gezeigt. Das volle, heftig bewegte Haar betont seine Jugend und das Charismatische seiner Erscheinung, während Gesicht und Kopfwendung distanzierte Würde ausdrücken sollen.
Datierungsvorschlag: Caliguläisch. Für das langgezogene, jedoch straff und fleischig wirkende Untergesicht wie für die Locken vor dem linken Ohr bietet das Caligulaporträt die besten Parallelen (vgl. Boschung, Caligula Taf. 2—